Diesen Satz höre ich, Jugendsozialarbeiterin Sylvia Gartner, in Beratungsgesprächen oder Klasseninterventionen sehr oft. Aber dass dieser sog. Spaß meist auf Kosten der Opfer geht und in extremen Fällen den Betroffenen jede Perspektive nehmen kann, zeigten die beiden hervorragenden Schauspieler Isa Runkel und Alexander Abramayan in dem Stück von Karl Koch auf sehr beeindruckende Weise.
Die dargestellte Geschichte mündet darin, dass die lebensfrohe und kreative 17-jährige Lea immer mehr Opfer einer nicht mehr aufzuhaltenden Cyber-Mobbing Attacke wird. Was im privaten Umfeld beginnt, breitet sich schnell auf alle Lebensbereiche aus. Lea versucht sich zu wehren, indem sie einen Rap-Song gegen die Mobber ins Netz stellt. Dies verschlimmert jedoch die Situation immer mehr. Die Folge ist, dass Lea sich immer mehr zurückzieht. Sie geht nur noch sporadisch in die Schule und leidet unter Depressionen. Als sich am Schluss noch herausstellt, dass die Zuneigung Andis nur vorgegaukelt war und auch er ebenfalls zu den Mobbern gehört und ihr alleinerziehender Vater sie gegen ihren Willen zwingen will, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, sieht Lea nur noch einen Ausweg. Dank dem schüchternen und stotternden Jo, dem einzigen Menschen der immer zu ihr stand, kann sie rechtzeitig gefunden werden. Lea begibt sich für ein halbes Jahr in psychiatrische Behandlung. In dieser Zeit wird sie von den schädlichen Einflüssen ihrer Umwelt ferngehalten. Das Theaterstück endet mit einem Anruf Leas, in dem sie ihrem Vater mitteilt, dass es ihr gut geht. Mit diesem offenen Schluss endet das Theaterstück und regt damit dazu an, sich Gedanken zu machen, wie es weitergehen könnte.
Gebannt folgten über 140 Schülerinnen und Schüler der Leo-von-Klenze-Berufsschule dem Geschehen auf der Bühne. Dass das Theaterstück sehr nah an der Realität ansetzt, beweist die vorab von mir durchgeführte Umfrage bei den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern. Fast die Hälfte war schon mal Zeuge einer solchen Cyber-Mobbing-Attacke und 15 % gaben an, selbst schon mal betroffen gewesen zu sein.
Bei der anschließenden Aufarbeitung des Stückes mit den Schauspielern und mir zeigten die Schüler große Betroffenheit und Aufrichtigkeit. Einer der Schüler fragte: „Glauben Sie, dass dies eine Entwicklung ist, die nach oben oder unten geht?“ Alexander Abramyan antwortete: „Da bin ich mir nicht sicher. Das Problem ist, dass sich die große Masse derer, die damit nichts zu tun haben wollen, zurückzieht. Deswegen bekommen die, die ihre Schwäche im Netz durch Beleidigungen kompensieren immer mehr Aufmerksamkeit. Es geht um Zivilcourage, ums Hinschauen und ums Stellung beziehen. Wenn es uns gelingt, dies den Menschen, die in sozialen Medien unterwegs sind, bewusst zu machen, können wir die Entwicklung stoppen“.
Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen sowohl von den Schülerinnen und Schülern als auch von den begleitenden Lehrkräften haben wir mit dem Theaterstück eines auf alle Fälle erreicht: Es wird diskutiert und sich mit dem Thema bewusst auseinandergesetzt. Das ist doch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Sylvia Gartner
Jugendsozialarbeit